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Bildungschancen von Menschen mit Migrationshintergrund

Der Sachverständigenrat für Integration und Migration hat eine umfassende Analyse zur Bildungssituation von Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland veröffentlicht. Die Ergebnisse zeigen, dass nach Jahren der Annäherung die Ungleichheiten im Bildungssystem wieder zunehmen. Die wichtigsten Ergebnisse finden Sie hier zusammengefasst.

Steigende Ungleichheit in der Bildung

Die neuesten PISA-Daten belegen, dass Deutschland weiterhin großen Nachholbedarf bei der gleichberechtigten Bildungsteilhabe hat. Kinder mit Migrationshintergrund sind in Kitas seltener vertreten, besuchen häufiger Hauptschulen und sind an Gymnasien unterrepräsentiert. Auch ihre schulischen Kompetenzen bleiben oft hinter denen ihrer Mitschüler ohne Migrationshintergrund zurück. Während sich diese Unterschiede in den vergangenen Jahren verringerten, zeigt sich nun wieder eine wachsende Kluft, die sich bis in Studium und Ausbildung fortsetzt.

Die Bildungsbeteiligung hängt stark von den familiären Ressourcen sowie der Förderung in Kita und Schule ab. Im Vorschulalter sowie während der Schulzeit weisen Kinder mit Migrationshintergrund geringere mathematische, sprachliche und naturwissenschaftliche Kenntnisse auf. Obwohl die sprachliche und kulturelle Vielfalt mittlerweile Normalität ist: Im Bundesdurchschnitt haben 42,3 % der schulpflichtigen Kinder eine Zuwanderungsgeschichte.

Seit 2022 nehmen Schutzsuchende vermehrt am Bildungssystem teil, was Bildungseinrichtungen vor zusätzliche Herausforderungen stellt. Ob die Herausforderungen erfolgreich gemeistert werden können, muss sich noch zeigen. Zusätzlich gilt es, pandemiebedingte Bildungsnachteile auszugleichen, was das System zusätzlich fordert.

Frühkindliche Bildung

Um die Betreuungsquote von Kindern mit Migrationshintergrund zu erhöhen, wurden bereits verschiedene politische Maßnahmen umgesetzt. Dennoch gibt es deutliche Unterschiede: Während bei Kindern ohne Migrationshintergrund fast eine Vollbetreuung (98–100 %) erreicht wird, sind Kinder mit Migrationshintergrund nur zu 77% in Kitas vertreten. Wenn Kinder mit Migrationshintergrund eine Kita besuchen, sind sie oft unter sich. Dadurch fehlt ihnen die Gelegenheit, Deutsch regelmäßig zu sprechen und zu lernen. So fehlt eine essenzielle Voraussetzung für den späteren Bildungserfolg.

Schulbesuch und Abschlüsse

Obwohl Schularten mit mehreren Bildungswegen immer beliebter werden, besuchen Kinder mit Migrationshintergrund weiterhin überdurchschnittlich oft Hauptschulen. Während 43,1 % der Jugendlichen ohne Migrationshintergrund ein Gymnasium besuchen, liegt dieser Anteil bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund bei 38,3 %. Trotz eines steigenden Interesses an höher qualifizierten Bildungsabschlüssen bleibt die Gruppe derjenigen ohne Schulabschluss hoch: In der ersten Zuwanderungsgeneration liegt der Anteil bei 12,3 %, während er bei Personen ohne Migrationshintergrund lediglich 1,6 % beträgt. Besonders geflüchtete Kinder und Jugendliche sind benachteiligt, da sie oft erst nach Klärung ihres Asylstatus Zugang zu regulären Schulen erhalten.

Schulische Kompetenzen

Seit zwei Jahrzehnten bestehen deutliche Leistungsunterschiede zwischen Schülern mit und ohne Migrationshintergrund – und sie nehmen sogar zu. Deutschland liegt im europäischen Vergleich in diesem Bereich weit hinten. Die Corona-Pandemie hat die Unterschiede weiter verstärkt, auch wenn sich einige der negativen Effekte inzwischen wieder relativiert haben. Dennoch bleiben die Kompetenzunterschiede bestehen. Besonders in Mathematik zeigt sich dies: 25,1 % der Viertklässler erreichen nicht den Regelstandard, darunter sind Kinder mit Migrationshintergrund überrepräsentiert. Ursachen sind unter anderem die weniger häufige Nutzung der deutschen Sprache im Alltag und ein geringeres Maß an häuslicher Unterstützung. Besonders Jugendliche, deren Eltern beide im Ausland geboren wurden, sind oft sozioökonomisch benachteiligt. Zudem lernen Kinder in Großstädten häufig an segregierten Schulen mit insgesamt niedrigeren Leistungsniveaus.

Berufliche Bildung

Im Jahr 2021 nahmen 39 % der ausbildungsinteressierten jungen Menschen mit Migrationshintergrund eine duale Ausbildung auf – deutlich weniger als die 54 % bei Personen ohne Migrationshintergrund. Viele Hürden erschweren ihnen den Zugang, darunter aufenthaltsrechtliche Einschränkungen, mangelnde Kenntnisse über das Ausbildungssystem und Diskriminierungserfahrungen.

Studium

2023 hatten 32,6 % der Studierenden in Deutschland einen Migrationshintergrund. Dabei lassen sich drei Gruppen unterscheiden: 16,9 % sind in Deutschland geboren, 5,5 % sind selbst zugewandert, und 10,1 % kamen als Erwachsene für ihr Studium nach Deutschland. Studierende mit Migrationshintergrund brechen ihr Studium häufiger ab und erzielen im Durchschnitt schlechtere Prüfungsergebnisse. Der Hauptgrund liegt in der sozialen Herkunft: Mehr als die Hälfte von ihnen sind die ersten in ihrer Familie, die studieren, und verfügen daher oft über weniger Unterstützung im Bildungsweg und mangelnde finanzielle Ressourcen.

Die Bildungschancen von Menschen mit Migrationshintergrund sind weiterhin von erheblichen Ungleichheiten geprägt. Um diesen entgegenzuwirken, sind gezielte Maßnahmen erforderlich – insbesondere in der frühkindlichen Bildung, der schulischen Förderung und beim Übergang in Ausbildung oder Studium. Nur durch eine verstärkte Unterstützung können gleiche Chancen für alle geschaffen werden.

Weitere Informationen

Die Analyse das Sachverständigenrats für Migration und Integration.

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