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Entwurf eines Gesetzes zur Erhöhung des Schutzes durch den gesetzlichen Mindestlohn  

Referentenentwurf  des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales  

Entwurf eines Gesetzes zur Erhöhung des Schutzes durch den gesetzlichen Mindestlohn  

(Mindestlohnerhöhungsgesetz – MiLoEG)  

  1. Problem und Ziel  

Der mit dem Tarifautonomiestärkungsgesetz eingeführte allgemeine gesetzliche Mindest lohn hat sich bewährt. Vom gesetzlichen Mindestlohn haben rund vier Millionen Menschen  profitiert, ohne dass dabei negative Beschäftigungseffekte hervorgerufen, die Wettbe werbsfähigkeit der Unternehmen beeinträchtigt oder das gesamtwirtschaftliche Preisni veau spürbar beeinflusst worden sind.  

Seine Evaluation hat aber auch Entwicklungspotentiale aufgezeigt: Im europäischen Ver gleich fällt der deutsche Mindestlohn, gemessen am prozentualen Anteil des nationalen  Medianlohns, unterdurchschnittlich gering aus. Steigende Lebenshaltungs-, insbesondere  auch Wohnkosten, stellen zudem die Geeignetheit des Mindestlohns, auf Basis einer  Vollzeitbeschäftigung die Sicherung einer angemessenen Lebensgrundlage gewährleisten  zu können, in Frage. Daneben genügt eine mit dem Mindestlohn vergütete Vollzeitbe schäftigung nicht, um eine armutsvermeidende Altersrente zu erreichen.  

Ziel ist es, mit einer Anhebung des Mindestlohns die bestehenden Entwicklungspotentiale  zu nutzen und einen angemessenen Mindestschutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeit nehmer sicherzustellen.  

  1. Lösung  

Der für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geltende Mindestlohn wird zum  1. Oktober 2022 einmalig auf einen Bruttostundenlohn von 12 Euro erhöht. Hierdurch wird  das Instrument dahingehend weiterentwickelt, dass künftig der Aspekt der gesellschaftli chen Teilhabe bei der Bestimmung der Mindestlohnhöhe stärker Berücksichtigung findet.  Über künftige Anpassungen der Höhe des Mindestlohns entscheidet weiterhin die Min destlohnkommission.  

  1. Alternativen  

Keine.  

  1. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand  

Durch das Gesetz entstehen für die öffentliche Hand zusätzliche Kosten durch erforderli che Anhebungen von Löhnen und Gehältern von geschätzt rund 4,41 Millionen Euro im  Jahr 2022.  

Durch die Anhebung des Mindestlohns ist in der Sozialversicherung mit Mehreinnahmen  von insgesamt annähernd 0,7 Milliarden Euro zu rechnen. Gleichzeitig resultieren im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch Minderausgaben durch einen  verringerten Zahlbetrag für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Leistungen neben  Einkommen aus Erwerbstätigkeit beziehen, im Bundeshaushalt sowie in den Haushalten  der Kommunen.  

  1. Erfüllungsaufwand  

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger  

Für Bürgerinnen und Bürger entsteht kein Erfüllungsaufwand.  

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft  

Bürokratiekosten aus Informationspflichten  

Für die Wirtschaft ergibt sich im Hinblick auf die Dokumentationspflichten nach § 17 Ab satz 1 und Absatz 2 Mindestlohngesetz infolge der Anhebung der Schwellenwerte ein  laufender Erfüllungsaufwand aus Informationspflichten von ca. 99,56 Millionen Euro.  

E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung  

Durch die Folgeregelung bei der fiktiven Bemessung des Arbeitslosengeldes entsteht für  die Bundesagentur für Arbeit ein einmaliger Anpassungsaufwand in Höhe von rund 70  000 Euro (Anpassungen im IT-Verfahren und im manuellen Leistungsverfahren) sowie im  Falle weiterer Anhebungen des Mindestlohns jeweils ein Anpassungsaufwand von rund  13 000 Euro.  

  1. Weitere Kosten  

Soweit durch das Gesetz eine Anhebung der Arbeitsentgelte erforderlich wird, kommt es  bei den betroffenen Arbeitgebern zu höheren Lohnkosten von geschätzt rund 1,63 Milliar den Euro im Jahr 2022.  

Als Folge der Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns können sich bei vollständiger  Überwälzung der Lohn- und Gehaltssteigerungen die Preise für Güter und Dienstleistun gen moderat erhöhen. Eine Quantifizierung dieses Effekts ist nicht möglich. 

Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und  Soziales  

Entwurf eines Gesetzes zur Erhöhung des Schutzes durch den gesetz lichen Mindestlohn  

(Mindestlohnerhöhungsgesetz – MiLoEG)  

Vom …  

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:  

Artikel 1  

Änderung des Mindestlohngesetzes  

Das Mindestlohngesetz vom 11. August 2014 (BGBl. I S. 1348), das zuletzt durch Ar tikel 2 Absatz 1 des Gesetzes vom 10. Juli 2020 (BGBl. I S. 1657) geändert worden ist,  wird wie folgt geändert:  

  1. § 1 Absatz 2 Satz 1 wird wie folgt gefasst:  

„Die Höhe des Mindestlohns beträgt ab dem 1. Oktober 2022 brutto 12 Euro je Zeit stunde.“  

  1. § 9 wird wie folgt geändert:  
  2. a) In Absatz 1 Satz 1 wird das Wort „erstmals“ gestrichen, die Angabe „2016“ durch  die Angabe „2023“ und die Angabe „2017“ durch die Angabe „2024“ ersetzt.  
  3. b) In Absatz 4 wird nach dem Wort „Beschäftigung“ das Wort „im“ durch das Wort  „in“ ersetzt.  

Artikel 2  

Änderung der Mindestlohndokumentationspflichten-Verordnung  

  • 1 Absatz 1 der Mindestlohndokumentationspflichten-Verordnung vom 29. Juli 2015  (BAnz AT 31.07.2015 V1) wird wie folgt geändert:  
  1. In Satz 1 werden die Wörter „Monatsentgelt brutto 2 958 Euro überschreitet“ durch  die Wörter „Bruttomonatsentgelt einen Betrag überschreitet, der dem Arbeitnehmer  oder der Arbeitnehmerin für 348 geleistete Arbeitsstunden nach dem Mindestlohnge setz zustünde“ ersetzt.  
  2. In Satz 3 werden die Wörter „Monatsentgelt brutto 2 000 Euro überschreitet“ durch  die Wörter „Bruttomonatsentgelt einen Betrag überschreitet, der dem Arbeitnehmer  oder der Arbeitnehmerin für 232 geleistete Arbeitsstunden nach dem Mindestlohnge setz zustünde“ ersetzt. 

Artikel 3  

Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch  

In § 152 Absatz 2 Satz 2 Nummer 4 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch – Arbeits förderung – (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594, 595), das zuletzt  durch […] geändert worden ist, wird der Punkt am Ende durch die Wörter „, mindestens  jedoch ein Arbeitsentgelt in Höhe des Betrages, der sich ergibt, wenn der Mindestlohn  nach dem Mindestlohngesetz mit einem Siebtel der tariflichen regelmäßigen wöchentli chen Arbeitszeit, die für Angestellte im öffentlichen Dienst des Bundes gilt, vervielfacht  wird.“ ersetzt.  

Artikel 4  

Inkrafttreten  

(1) Dieses Gesetz tritt vorbehaltlich des Absatzes 2 am Tag nach seiner Verkündung  in Kraft.  

(2) Artikel 2 tritt am 1. Oktober 2022 in Kraft. 

Begründung  

  1. Allgemeiner Teil  
  2. Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelungen  

Ziel ist es, den durch den gesetzlichen Mindestlohn vermittelten Schutz zu erhöhen, um  angemessene Mindestarbeitsbedingungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer si cherzustellen.  

Der mit dem Tarifautonomiestärkungsgesetz eingeführte allgemeine gesetzliche Mindest lohn hat sich bewährt. Vom gesetzlichen Mindestlohn haben rund vier Millionen Menschen  profitiert, ohne dass dabei negative Beschäftigungseffekte hervorgerufen, die Wettbe werbsfähigkeit der Unternehmen beeinträchtigt oder das gesamtwirtschaftliche Preisni veau spürbar beeinflusst worden sind.  

Bei seiner Einführung zum 1. Januar 2015 hat der Gesetzgeber mit einem Bruttostunden lohn von 8,50 Euro einen bewusst vorsichtigen Einstieg gewählt, der sich an der Pfän dungsfreigrenze orientierte. Seine Evaluation hat vor diesem Hintergrund verschiedene  Entwicklungspotentiale aufgezeigt:  

Im europäischen Vergleich fällt der deutsche Mindestlohn unterdurchschnittlich gering  aus. Gemessen am prozentualen Anteil des nationalen Bruttomedianlohns erreicht der  deutsche Mindestlohn lediglich einen der hinteren Ränge (BMAS, Forschungsbericht 561:  Der gesetzliche Mindestlohn und Arbeitnehmerschutz 2020, Seite 53).  

Es ist ein Gebot der auch in Artikel 2 Absatz 1 und Artikel 20 Absatz 1 des Grundgesetzes  zum Ausdruck kommenden elementaren Gerechtigkeitsanforderungen, dass bei Aus übung einer Vollzeitbeschäftigung ein alleinstehender Arbeitnehmer seinen Lebensunter halt regelmäßig bestreiten kann, ohne auf ergänzende Sozialleistungen angewiesen zu  sein. Über dies muss auch im Niedriglohnbereich eine Vollzeitbeschäftigung zur ange messenen Teilhabe der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer am gesellschaftlichen Le ben befähigen. Steigende Lebenshaltungs- insbesondere auch Wohnkosten stellen die  Geeignetheit des Mindestlohns, auf Basis einer Vollzeitbeschäftigung die Sicherung einer  angemessenen Lebensgrundlage gewährleisten zu können, in Frage. Nach dem Ergebnis  der Evaluation wird der Mindestlohn vor diesem Hintergrund vielfach als nicht bedarfsge recht angesehen (BMAS Forschungsbericht 558: Gesamtbericht zur Evaluation des all gemeinen gesetzlichen Mindestlohns nach § 23 Mindestlohngesetz, Kapitel 4.1, Seite 55).  

Weiterhin genügt eine mit dem gesetzlichen Mindestlohn vergütete Vollzeitbeschäftigung  nicht, um eine armutsvermeidende Altersrente zu erreichen (BMAS, Forschungsbericht  558: Gesamtbericht zur Evaluation des allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns nach § 23  Mindestlohngesetz, Kapitel 4.4.2, Seiten 77-78).  

Schließlich wurde auch auf europäischer Ebene mit der Initiative für einen Europäischen  Mindestlohnrahmen das Ziel angemessener Löhne als wesentlicher Bestandteil der sozia len Marktwirtschaft verfolgt und die Notwendigkeit gesehen, insbesondere durch einen  angemessenen Mindestlohnschutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dem struktu rellen Trend einer infolge von Globalisierung, Digitalisierung und der Zunahme atypischer  Beschäftigungsformen stärkeren Polarisierung der Arbeitsmärkte entgegenzuwirken sowie  Aufwärtskonvergenz in Europa zu befördern.  

Die Weiterentwicklung des gesetzlichen Mindestlohns ist vor diesem Hintergrund sozial staatlich geboten. Mit der einmaligen Erhöhung des Mindestlohns auf einen Bruttostundenlohn von 12 Euro wird das Instrument dahingehend weiterentwickelt, dass künftig der  Aspekt der gesellschaftlichen Teilhabe bei der Bestimmung der Mindestlohnhöhe stärker  Berücksichtigung findet. Gleichzeitig wird ein Anreiz zur Aufnahme von Erwerbstätigkeit  gesetzt sowie die Stabilität sozialer Sicherungssysteme gestärkt. Damit steht die Erhöhung des Mindestlohns zugleich im Einklang mit dem europäischen Leitbild einer inklusi ven, partizipativen und nachhaltigen Wirtschaftsentwicklung wie es unter anderem in der  Initiative für einen Europäischen Mindestlohnrahmen sowie der Europäischen Säule so zialer Rechte formuliert wird.  

  1. Wesentlicher Inhalt des Entwurfs  
  2. Änderung des Mindestlohngesetzes  

Der für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geltende Mindestlohn wird zum  1. Oktober 2022 einmalig auf einen Bruttostundenlohn von 12 Euro erhöht.  

Die Erhöhung des Mindestlohns wird dem in der internationalen Mindestlohnforschung zur  Ermittlung eines angemessenen Mindestlohnniveaus anerkannten Schwellenwert von  60 Prozent des Bruttomedianlohns gerecht und gewährleistet damit einen angemessenen  Mindestschutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Ein sich an diesem Schwellen 

wert orientierender Mindestlohn ermöglicht es Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern  typischerweise, über das bloße Existenzminimum hinaus am sozialen und kulturellen Le ben teilzuhaben und für unvorhergesehene Ereignisse vorzusorgen. Damit wird der Min destlohn dahingehend weiterentwickelt, dass der Aspekt einer angemessenen gesell schaftlichen Teilhabe der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die zum Mindestlohn  beschäftigt werden, bessere Berücksichtigung findet.  

Gleichzeitig bewirkt die Erhöhung, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Re gel finanziell bessergestellt werden als vergleichbare Bezieherinnen und Bezieher von  Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, die keiner Erwerbstätigkeit nach gehen. Auf diese Weise wird ein Anreiz zur Aufnahme von Erwerbstätigkeit gesetzt, ohne  die sozialrechtliche Pflicht des Staates zur Gewährleistung eines menschenwürdigen  Existenzminimums in Frage zu stellen.  

Darüber hinaus entlastet die Erhöhung die sozialen Sicherungssysteme und trägt zu ih rem nachhaltigen Schutz bei. So sind im Hinblick auf die voraussichtlich etwa  6,2 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die für ihre Arbeit bei Inkrafttreten der  Mindestlohnerhöhung einen Stundenlohn unterhalb der Schwelle von 12 Euro erhalten,  Einnahmensteigerungen im Bereich der Beiträge zu den gesetzlichen Sozialversicherun gen sowie Entlastungen im Bereich der Sozialleistungen zu erwarten.  

Weiterhin kann die nach Einführung des gesetzlichen Mindestlohns verbleibende Zahl von  ca. 111 000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die trotz Ausübung einer Vollzeitbe schäftigung auf den Bezug von Sozialleistungen im Bereich der Grundsicherung angewie sen sind (Bundesagentur für Arbeit, Jahresdurchschnitt 2020), reduziert werden. Dies  entlastet die sozialen Sicherungssysteme. Zudem wird dazu beigetragen, dass Arbeit nehmerinnen und Arbeitnehmer mit ihrer Arbeit auf Grundlage des Mindestlohns selbst  eine angemessene Lebensgrundlage sichern können, ohne auf ergänzende Transferleis tungen angewiesen zu sein.  

Nicht zuletzt leistet die Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns einen besseren Beitrag,  dass Beschäftige, die im Niedriglohnsektor tätig sind, Altersrenten oberhalb des Grundsi cherungsniveaus erreichen.  

Über künftige Anpassungen der Höhe des Mindestlohns entscheidet weiterhin die Min destlohnkommission. Ihre nächste Anpassungsentscheidung erfolgt zum 30. Juni 2023  und betrifft die Anpassung mit Wirkung zum 1. Januar 2024. Ihr obliegt es, dass auch künftig ein angemessener Mindestschutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer si chergestellt bleibt.  

  1. Änderung der Mindestlohndokumentationspflichten-Verordnung  

Als Folgeänderung zur Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro werden die  für Ausnahmen von den Dokumentationspflichten nach §§ 16, 17 Mindestlohngesetz (Mi LoG) geltenden Schwellenwerte in § 1 der Mindestlohndokumentationspflichten Verordnung (MiLoDokV) angepasst. Hierdurch wird weiterhin eine effektive Durchsetzung  des Mindestlohns sichergestellt.  

  1. Folgeänderung bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes  

Eine Folgeänderung zur Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro ergibt sich  auch im Recht des Arbeitslosengeldes. Die Regelung stellt sicher, dass bei der Bemes sung des Arbeitslosengeldes nach einem fiktiven Arbeitsentgelt mindestens ein Betrag in  Höhe des gesetzlichen Mindestlohns zugrunde zu legen ist. 

III. Alternativen  

Keine.  

  1. Gesetzgebungskompetenz  

Dem Bund steht nach Artikel 74 Absatz 1 Nummer 12 des Grundgesetzes eine konkurrie rende Gesetzgebungskompetenz für das Arbeitsrecht zu. Diese Regelungskompetenz  erstreckt sich auch auf Änderungen des MiLoG und der MiLoDokV. Die Gesetzgebungs kompetenz des Bundes für Änderungen der Sozialgesetzbücher ergibt sich ebenfalls aus  Artikel 74 Absatz 1 Nummer 12 des Grundgesetzes (Sozialversicherung einschließlich der  Arbeitslosenversicherung).  

  1. Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen  Verträgen  

Der Gesetzesentwurf ist mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen  Verträgen vereinbar.  

  1. Gesetzesfolgen  
  2. Rechts- und Verwaltungsvereinfachung  

Mit der vorgesehenen Mindestlohnerhöhung durch Änderung des MiLoG ist keine Rechts und Verwaltungsvereinfachung verbunden.  

  1. Nachhaltigkeitsaspekte  

Der Gesetzesentwurf steht im Einklang mit der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregie rung. Die Erhöhung des Mindestlohns verbessert die Einkommenssituation der Arbeit nehmerinnen und Arbeitnehmer im Niedriglohnbereich. Frauen profitieren hiervon über durchschnittlich, ebenso Beschäftigte in Ostdeutschland. Der Mindestlohn leistet einen  Beitrag zur fairen Einkommensverteilung und fördert damit die wirtschaftliche und soziale  Teilhabe. 

  1. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand  

Durch das Gesetz werden auf der Basis der neuen Verdiensterhebung des Statistischen  Bundesamtes für die öffentliche Hand zusätzliche Kosten durch erforderliche Anhebungen  von Löhnen und Gehältern von geschätzt rund 4,41 Millionen Euro im Jahr 2022 erwartet.  

Ausgehend von der Annahme einer Zunahme der beitragspflichtigen Lohnsumme um  1,63 Milliarden Euro sowie, dass dieser Lohnzuwachs weitgehend einer Verbeitragung in  der Sozialversicherung zum derzeit geltenden Gesamtbeitragssatz von rund 40 Prozent  unterliegt, zeichnen sich Mehreinnahmen der Sozialversicherung von insgesamt annähernd 0,7 Milliarden Euro ab.  

Bei der Bundesagentur für Arbeit kommt es durch die Anhebung des Mindestlohns zu  Mehrausgaben für aktive Leistungen sowie Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung,  soweit sich deren Höhe an Entgelten bemisst (zum Beispiel Arbeitsentgeltzuschuss, Ar beitslosengeld, Kurzarbeitergeld).  

Die Folgeänderungen bei der fiktiven Bemessung des Arbeitslosengeldes führen jährlich  zu Mehrausgaben im Haushalt der Bundesagentur für Arbeit in Höhe eines einstelligen  Millionenbetrags.  

Steigende Löhne und Gehälter für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bewirken auch  eine Ausgabenminderung bei den Sozialleistungen. Insbesondere bei denen, die trotz  Einkommen aus Erwerbstätigkeit auf Transferleistungen angewiesen sind, vermindern  sich die Ausgaben für Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch im Bundes 

haushalt und in den Haushalten der Kommunen. Mehrausgaben ergeben sich im Einglie derungstitel durch aktive Leistungen, soweit sich deren Höhe an Entgelten bemisst (zum  Beispiel Leistungen des Teilhabechancengesetzes, die Lohnkostenerstattungen an Ar beitgeber beinhalten).  

  1. Erfüllungsaufwand  

4.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger  

Für Bürgerinnen und Bürger entsteht kein Erfüllungsaufwand.  

4.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft  

Im Hinblick auf die Meldepflichten des § 16 MiLoG führt die Anhebung der Schwellenwer te der MiLoDokV für im Ausland ansässige Arbeitgeber zu einem geringfügigen, nicht nä her quantifizierbaren Erfüllungsaufwand. Es wird von geschätzt 90 000 Entsendevorgänge  in Wirtschaftszweige nach § 2a Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz ausgegangen. Die  Meldung im Internetportal der Generalzolldirektion nimmt etwa fünf Minuten pro Arbeit nehmerin und Arbeitnehmer in Anspruch. Der dadurch entstehende Erfüllungsaufwand ist  nicht näher quantifizierbar, da das verstetigte Monatsentgelt entsandter Arbeitnehmerin nen und Arbeitnehmer im Einzelnen nicht bekannt ist. Da Entsendungen in die Bundesre publik Deutschland typischerweise aus Staaten mit vergleichsweise niedrigem Lohnni veau erfolgen, kann davon ausgegangen werden, dass nur in einem geringen Maße erst mals Meldungen erforderlich werden.  

Auf der Basis der Daten der Verdiensterhebung des Statistischen Bundeamtes, der Ent geltstatistik und der Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit wird geschätzt,  dass durch die Anhebung des Schwellenwertes in § 1 Absatz 1 Satz 3 MiLoDokV für rund  766 000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Dokumentationsverpflichtungen nach § 17  Absatz 1 und 2 MiLoG neu entstehen, von denen geschätzt 89,2 Prozent in Vollzeit und  10,8 Prozent in Teilzeit beschäftigt werden. Nach den Ergebnissen der Mindestlohnevalu ation kann von einem Zeitaufwand pro täglichem Dokumentationsvorgang von 0,6 Minu ten und für die Aufbewahrung der Dokumente von 0,04 Minuten ausgegangen werden. 

 Allerdings hat insbesondere die COVID 19-Pandemie in den letzten Jahren für eine spür bare Zunahme der Digitalisierung in Unternehmen geführt, beispielsweise, weil neue Ge schäftsmodelle entwickelt oder Prozesse effizienter gestaltet wurden. Es wird deswegen  angenommen, dass sich die obigen Werte um 20 v.H auf 0,48 Minuten beziehungsweise  0,032 Minuten verringern. Auf Basis von angenommenen 200 jährlichen Arbeitstagen für  Vollzeitbeschäftigte sowie 100 jährlichen Arbeitstagen für Teilzeitbeschäftigte und unter  der Annahme einer für die Dokumentation erforderlichen mittleren Qualifikation (34 Euro  pro Stunde) ergibt sich insoweit durch die Dokumentation der täglichen Arbeitszeit ein  laufender Erfüllungsaufwand in Höhe von ca. 39,42 Millionen Euro. Für die Bereithaltung  von Aufzeichnungen nach § 17 Absatz 2 MiLoG wird unter den oben genannten Annah men von einem laufenden Erfüllungsaufwand in Höhe von ca. 2,63 Millionen Euro ausge gangen.  

Auf oben genannter Datenbasis wird geschätzt, dass durch die Anhebung des Schwel lenwertes in § 1 Absatz 1 Satz 1 MiLoDokV Dokumentationsverpflichtungen nach § 17  Absatz 1 und 2 MiLoG für 1 021 301 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer neu entstehen,  von denen geschätzt rund 94 Prozent in Vollzeit beschäftigt werden. Unter den sonst glei chen Annahmen wie oben ergibt sich ein laufender Erfüllungsaufwand durch die Doku mentation der täglichen Arbeitszeit in Höhe von ca. 53,92 Millionen Euro. Für die Bereit haltung von Aufzeichnungen nach § 17 Absatz 2 MiLoG ergibt sich für Arbeitnehmerinnen  und Arbeitnehmer mit Entgelten in der oberen Entgeltspanne ein laufender Erfüllungsauf wand von ca. 3,59 Millionen Euro.  

Für die Wirtschaft ergibt sich im Hinblick auf die Dokumentationspflichten nach § 17 Ab satz 1 und Absatz 2 MiLoG infolge der Anhebung der Schwellenwerte mithin ein laufender  Erfüllungsaufwand aus Informationspflichten von ca. 99,56 Millionen Euro.  

4.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung  

Durch die Folgeregelung bei der fiktiven Bemessung des Arbeitslosengeldes entsteht für  die Bundesagentur für Arbeit ein einmaliger Anpassungsaufwand in Höhe von rund 70  000 Euro (Anpassungen im IT-Verfahren und im manuellen Leistungsverfahren) sowie im  Falle weiterer Anhebungen des Mindestlohns jeweils ein Anpassungsaufwand von rund  13 000 Euro  

  1. Weitere Kosten  

Soweit durch das Gesetz eine Anhebung der Arbeitsentgelte erforderlich wird, werden auf  der Basis der neuen Verdiensterhebung des Statistischen Bundesamtes bei den betroffe nen Arbeitgebern Lohnkostensteigerungen von geschätzt rund 1,63 Milliarden Euro im  Jahr 2022 entstehen.  

Als Folge der Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns können sich bei vollständiger  Überwälzung der Lohn- und Gehaltssteigerungen die Preise für Güter und Dienstleistun gen moderat erhöhen. Eine Quantifizierung dieses Effekts ist nicht möglich.  

  1. Weitere Gesetzesfolgen  

Die gleichstellungspolitische Auswirkung der Gesetzesänderung wurde geprüft.  

Von der Anhebung des allgemeinen Mindestlohns werden in besonderem Maße Frauen  profitieren, da sie überproportional häufig ein Entgelt von weniger als 12 Euro pro Stunde  erzielen. 

VII. Befristung; Evaluierung  

Die Mindestlohnkommission hat nach § 9 Absatz 4 MiLoG weiterhin die Aufgabe, laufend  die Auswirkungen des Mindestlohns auf den Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeit nehmer, die Wettbewerbsbedingungen und die Beschäftigung in Bezug auf bestimmte  Branchen und Regionen sowie die Produktivität zu evaluieren und ihre Erkenntnisse der  Bundesregierung in einem Bericht alle zwei Jahre gemeinsam mit ihrem Anpassungsbe schluss zur Verfügung zu stellen.  

  1. Besonderer Teil  

Zu Artikel 1 (Änderung des Mindestlohngesetzes)  

Zu Nummer 1  

Der gesetzliche Mindestlohn wird einmalig per Gesetz ab dem 1. Oktober 2022 auf brutto  12 Euro je Zeitstunde erhöht. Über künftige Anpassungen der Höhe des Mindestlohns  entscheidet weiterhin die Mindestlohnkommission.  

Zu Nummer 2  

Zu Buchstabe a  

Die Mindestlohnkommission hat zum 30. Juni 2023 über die nächste Anpassung der Höhe  des Mindestlohns zu beschließen. Der Beschluss kann durch Rechtsverordnung der Bun desregierung mit Wirkung zum 1. Januar 2024 verbindlich gemacht werden. Die darauf folgenden Anpassungsentscheidungen erfolgen im Anpassungsrhythmus des § 9 Ab satz 1 Satz 2 MiLoG von zwei Jahren.  

Zu Buchstabe b  

Es handelt sich um eine redaktionelle Änderung.  

Zu Artikel 2 (Änderung der Mindestlohndokumentationspflichten-Verordnung)  

Als Folgeänderung zur Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro werden die  für Ausnahmen von den Dokumentationspflichten nach §§ 16, 17 MiLoG geltenden  Schwellenwerte in § 1 der MiLoDokV angepasst, um weiterhin eine effektive Durchset zung des Mindestlohns sicherzustellen.  

Zu Nummer 1  

Nach Absatz 1 Satz 1 werden die Dokumentationspflichten dahingehend eingeschränkt,  dass sie nicht gelten für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, deren verstetigtes regel mäßiges Bruttomonatsentgelt einen Betrag überschreitet, der dem Arbeitnehmer oder der  Arbeitnehmerin für 348 geleistete Arbeitsstunden nach dem Mindestlohngesetz zustünde.  Damit wird für den Schwellenwert nach Absatz 1 Satz 1 die nach dem Arbeitszeitgesetz  maximal pro Monat zulässige Arbeitsstundenzahl zugrunde gelegt. Dies sind im Fall einer  Ausnahmegenehmigung der Arbeitsschutzbehörde täglich zwölf Stunden und – unter zu lässiger Nutzung von Sonntagsarbeit – 29 Tagen pro Monat, sodass insgesamt maximal  348 Arbeitsstunden je Monat geleistet werden könnten. Damit wird weiterhin diejenige  Gruppe von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern von den Dokumentationspflichten der  §§ 16, 17 MiLoG ausgenommen, bei der auf Grund der Ausgestaltung und des Vollzugs  ihres Arbeitsvertrages kein nennenswertes Risiko eines Mindestlohnverstoßes besteht  beziehungsweise eine Arbeitszeitaufzeichnung zur tatsächlichen Durchsetzung des Min destlohnanspruchs nicht erforderlich ist. Gleichzeitig werden so die Dokumentationspflichten auf die Gruppe derjenigen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen konzentriert, bei de nen dies durch das konkrete Risiko eines Mindestlohnverstoßes in besonderem Maße  angezeigt erscheint. Im Gegensatz zur Vorgängerregelung wird jedoch kein fester  Schwellenwert festgesetzt, sondern dieser dynamisch anhand der jeweils geltenden Min destlohnhöhe bestimmt.  

Zu Nummer 2  

Ebenfalls dynamisiert wird der Schwellenwert des Absatzes 1 Satz 3, der für den Fall gilt,  dass der Arbeitgeber das verstetigte Monatsentgelt für die letzten vollen zwölf Monate  nachweislich gezahlt hat. In diesem Fall bestehen keine Dokumentationspflichten nach §§  16, 17 MiLoG, wenn das verstetigte regelmäßige Bruttomonatsentgelt einen Betrag überschreitet, der dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin für 232 geleistete Arbeitsstun den nach dem Mindestlohngesetz zustünde. Dies entspricht – orientiert an der Vorgänger regelung – zwei Drittel des Schwellenwertes des Absatz 1 Satz 1. Der niedrigere Schwel lenwert rechtfertigt sich daraus, dass das Risiko eines Mindestlohnverstoßes sinkt, wenn  ein verstetigtes monatliches Einkommen nachweislich über einen längeren Zeitraum kor rekt gezahlt wurde.  

Zu Artikel 3 (Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuches)  

Die Regelungen zur fiktiven Bemessung des Arbeitslosengeldes finden Anwendung, wenn  innerhalb des maßgeblichen Bemessungsrahmens kein Bemessungszeitraum von min destens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt festgestellt werden kann. In diesem  Fall ist für die Berechnung des Arbeitslosengeldes nicht mehr auf ein in der Vergangen heit erzieltes Entgelt zurückzugreifen, sondern ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu le gen, das künftig in einer neuen Beschäftigung erzielt werden kann. Dieses fiktive Arbeits entgelt richtet sich nach insgesamt vier Qualifikationsgruppen, denen jeweils ein an die  Bezugsgröße der Sozialversicherung gekoppeltes Entgelt zugeordnet ist. Die Änderung  stellt sicher, dass bei der fiktiven Bemessung, mindestens ein Arbeitsentgelt zugrunde zu  legen ist, das sich unter Berücksichtigung des jeweils geltenden allgemeinen Mindest lohns ergibt.  

Für die Ermittlung des konkreten fiktiven kalendertäglichen Bemessungsentgelts wird da bei, der pauschalierenden Zielsetzung der fiktiven Bemessung entsprechend, die regel mäßige tarifliche Arbeitszeit berücksichtigt, die für Angestellte im öffentlichen Dienst des  Bundes gilt (vgl. § 151 Absatz 5 Satz 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch).  

Die Regelung ist auf Ansprüche auf Arbeitslosengeld anzuwenden, die ab dem Tag des  Inkrafttretens des Gesetzes neu entstehen. In anderen Fällen verbleibt es dem Grundsatz  gemäß, dass eine Leistungsbemessung bei Entstehung des Anspruchs erfolgt, bei dem  bisherigen Bemessungsentgelt.  

Zu Artikel 4 (Inkrafttreten)  

Nach Absatz 1 treten die Regelungen am Tag nach der Verkündung in Kraft. Nach Ab satz 2 tritt Artikel 2 am 1. Oktober 2022 und damit zeitgleich mit der Anhebung des Min destlohns auf 12 Euro in Kraft.