Die Arbeitsmarktpolitik in Deutschland hat in den letzten Jahren große Erfolge erzielt: Nahezu Vollbeschäftigung, rückläufige Langzeitarbeitslosigkeit und rekordhohe Beschäftigungsquoten prägten das Bild. Doch neue Herausforderungen – von wirtschaftlichen Unsicherheiten über veränderte Arbeitsmarktbedingungen bis hin zur Integration geflüchteter Arbeitskräfte – zeigen, dass die bestehende Förderstruktur weiterentwickelt werden muss. Eine neue Studie zur Wirksamkeit der Praxis der Jobcenter und ihrer Kooperationspartner in Hessen zeigt, vor welchen Herausforderungen das aktuelle Fördersystem steht, welche Leistungen es erbringt und welche Verbesserungsmöglichkeiten bestehen.
Neue Einblicke in das arbeitsmarktpolitische Dreieck
20.02.2025 | Allgemein, News, Sozialer Arbeitsmarkt, Themen
Das arbeitsmarktpolitische Dreieck
Eine effektive Umsetzung des Sozialgesetzbuchs II (SGB II) erfordert nicht nur funktionierende Jobcenter, sondern auch ein starkes Netzwerk von Kooperationspartnern. Dieses System wird als arbeitsmarktpolitisches Dreieck bezeichnet und umfasst drei zentrale Akteure:
- Jobcenter und Kommunen – Sie setzen arbeitsmarktpolitische Maßnahmen um und betreuen Arbeitsuchende.
- Bildungs- und Beschäftigungsträger sowie private Arbeitsmarktdienstleister – Sie führen Qualifizierungsmaßnahmen durch und unterstützen bei der Arbeitsvermittlung.
- Förderadressaten (Arbeitssuchende) – Sie profitieren von den angebotenen Maßnahmen und Integrationshilfen.
Damit dieses System funktioniert, müssen die Beziehungen zwischen den Akteuren stabil und berechenbar sein. Ein reibungsloser Austausch von Ressourcen, klare Kooperationen und ein ausgewogenes Interesse aller Beteiligten sind entscheidend. Gleichzeitig ist das System auf gesellschaftliche und politische Akzeptanz und ausreichende finanzielle Ressourcen angewiesen, um langfristig wirksam zu bleiben.
Datengrundlage der Studie
Die Studie stützt sich auf eine Kombination aus qualitativen und quantitativen Daten. Grundlage der Untersuchung sind 12 Fokusgruppeninterviews sowie 2 Einzelinterviews mit Vertreter:innen von Jobcentern und hessischen Bildungs- und Qualifizierungsträgern, die zwischen Juni und August 2024 durchgeführt wurden. Ergänzend wurden Online-Umfragen unter Geschäftsführer:innen von Jobcentern und Trägern durchgeführt, um sowohl strukturelle Daten als auch Einschätzungen zur aktuellen Arbeitsmarktpolitik zu erfassen.
Durch diese umfassende Datenerhebung konnten sowohl objektive Kennzahlen als auch subjektive Perspektiven der beteiligten Akteure berücksichtigt werden.
Ergebnisse und Optimierungspotenziale
Die Studie zeigt, dass das arbeitsmarktpolitische Dreieck vor mehreren Herausforderungen steht:
- Rückgang der aktiven Arbeitsförderung: Die Maßnahmenbudgets wurden gekürzt, insbesondere seit der Corona-Pandemie. Dies hat die Umsetzung aktiver Arbeitsmarktpolitik erschwert.
- Unterschiedliche Rollenwahrnehmungen: Mitarbeitende von Jobcentern und Trägern haben teils divergierende Sichtweisen auf die Förderpraxis. Während Jobcenter stärker auf Verwaltung und Leistungsgewährung fokussiert sind, sehen Träger ihre Rolle verstärkt in der individuellen Begleitung und Förderung von Arbeitssuchenden. Diese unterschiedlichen Rollenverständnisse ergänzen sich in produktiver Form.
- Fehlende Prozessoptimierung: Die Übergabe von Klienten in Maßnahmen, die Begleitung durch Beratungsfachkräfte sowie das Wissen über vorhandene Maßnahmen sind ausbaufähig.
Optimierungsvorschläge
- Bessere Zusammenarbeit zwischen Jobcentern und Trägern – Eine reflektierte Praxis und offene Kommunikationskultur könnten bestehende Spannungen reduzieren.
- Stärkere Prozesssteuerung – Klare Strukturen für den Übergang von Arbeitssuchenden in Maßnahmen und eine intensivere Begleitung während der Maßnahmezeit.
- Optimierte Verzahnung von Geld- und Förderleistungen – Einheitliche Verfahren zur Abstimmung zwischen Geldleistungsverwaltung und Förderangeboten erleichtern die Kommunikation und erhöhen die Effizienz.
Die Ergebnisse der Studie verdeutlichen, dass eine funktionierende Arbeitsmarktpolitik nicht nur von Fördermaßnahmen abhängt, sondern auch von der Qualität der Zusammenarbeit zwischen den Akteuren. Eine stärkere Integration von Jobcentern, Trägern und Förderadressaten kann helfen, die Wirksamkeit der Maßnahmen zu steigern und langfristig bessere Ergebnisse für Arbeitssuchende zu erzielen.
Weitere Informationen
Die Studie können Sie hier herunterladen.