von Thomas Ahlmann
In jeder größeren Stadt oder Gemeinde finden sich gemeinnützig geführte Läden, die Kleiderspenden annehmen und Secondhand-Bekleidung weitergeben. Diese Einrichtungen sind weit mehr als einfache Secondhand-Läden: Sie bieten Unterstützung für Bedürftige,schaffen Arbeitsplätze und tragen zur Reduzierung von Textilabfällen bei. Damit übernehmen sie eine wichtige Rolle für eine solidarische, nachhaltige und funktionierende Stadtgesellschaft. Allerdings stehen die Betreiber auch vor unterschiedlichen Herausforderungen. Auch weil ihr Beitrag nicht immer ausreichend wahrgenommen oder wertgeschätzt wird.

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Die Kleiderspende als Rohstoff für soziale Arbeit
Nirgendwo wird die Grundmotivation gemeinnütziger Organisationen zur Sammlung von Gebrauchtbekleidung deutlicher als in den Einrichtungen, Läden oder Gebrauchtkaufhäusern. Hier werden Kleiderspenden angenommen, sortiert, aufbereitet und weitergeben. Damit schaffen die Organisation ein ausreichendes Angebot an gut erhaltener Bekleidung für marginalisierte und benachteiligte Gruppen der Gesellschaft – darunter Obdachlose, Geflüchtete oder Menschen und Familien, die im Niedriglohnsektor tätig sind.
Soziale Beschäftigung und ehrenamtliches Engagement
Gemeinnützige Läden sind aber nicht nur Orte sozialer Unterstützung Bedürftiger. Vielfach bieten die Einrichtungen Arbeitsplätze und Qualifizierungsmöglichkeiten für arbeitsmarktferne Gruppen. Oftmals werden diese Läden von Ehrenamtlichen unterstützt oder auch maßgeblich getragen. So werden die Läden zu sozialen Orten der Integration und des gesellschaftlichen Zusammenhalts, wo Menschen eine sinnstiftende Tätigkeit finden oder sich die Würde wahrend begegnen.
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Wegbereiter eines nachhaltigeren Konsums
Durch die Wiederverwendung von Kleidung leisten gemeinnützige Läden zudem einen wichtigen Beitrag für eine nachhaltigere Gesellschaft. Kleidungsstücke, die sonst auf Deponien oder in Müllverbrennungsanlagen landen würden, erhalten eine zweite Chance. Das spart Ressourcen, reduziert den CO₂-Ausstoß und mindert den Wasserverbrauch, der für die Produktion neuer Kleidung benötigt wird.
Damit fördern diese Läden ein Bewusstsein für nachhaltigen Konsum. Menschen, die hier einkaufen, erkennen oft den Mehrwert von Secondhand-Kleidung, wodurch die Vorbehalte gegenüber Gebrauchtwaren abgebaut werden. Außerdem sensibilisiert der Einkauf dazu weniger neue Kleidung zu kaufen und auf langlebige und nachhaltige Modealternativen zu setzen.
Herausforderungen und Zukunftsaussichten
Trotz ihrer vielen positiven sozialen und ökologischen Aspekte stehen gemeinnützige Kleiderläden aber auch vor Herausforderungen. Die Qualität der gespendeten Kleidung sinkt aufgrund des anhaltenden Fast Fashion Trends zunehmend. Immer mehr Stücke müssen aussortiert werden, da sie nicht den Qualitätsansprüchen, dem kulturellen oder saisonalen Bedarf entsprechen oder schlicht keinen Platz mehr im Laden finden. Zudem kämpfen einige Einrichtungen mit finanziellen Schwierigkeiten, da die Betriebskosten in den letzten Jahren gestiegen sind und arbeitsmarktpolitische Förderungen gekürzt wurden.
Dem entgegnen die Organisationen mit vielfältigen, innovativen Ansätzen. Einige Organisationen setzen auf Upcycling-Projekte, bei denen beschädigte Kleidungsstücke repariert oder umgestaltet werden. Andere sprechen gezielt neue Zielgruppen an oder vermarkten besondere Spendenstücke im Internet. Viele weitere Ideen werden im Kleinen wie Großen angegangen und umgesetzt. Das macht den sozialen Sektor zu einer Art Reallabor der Kreislaufwirtschaft.
Unterstützung durch das Netzwerk FairWertung
Die Herausforderungen sind demnach vielfach ähnlich und die Lösungsansätze vielfältig. FairWertung versucht daher die vielen Einzelorganisationen in einem Netzwerk zusammen- und gemeinsam weiterzubringen. Über 70 Organisationen mit Läden und insgesamt über 150 gemeinnützige Organisationen haben sich dem Netzwerk angeschlossen.
Das Netzwerk FairWertung als der auf die Sammlung und Verwertung von Bekleidung spezialisierte Zusammenschluss von gemeinnützigen Organisationen unterstützt seine Mitglieder in mehrfacher Hinsicht. Die Charity Academy stellt den Mitgliedern wertvolle Informationen zu gesetzlichen Rahmenbedingungen zur Verfügung, teilt Best-Practice-Beispiele und ermöglicht den Austausch mit anderen Ladenbetreibern Es werden Workshops und Beratungsformate angeboten, die sich mit Themen wie Ladengestaltung, Öffentlichkeitsarbeit und Sortierung befassen, um die Sammlungs- und Wiederverwendungsstrukturen zu verbessern.
Zusätzlich bietet das Netzwerk Unterstützung bei der Öffentlichkeitsarbeit vor Ort sowie Beratung zur Optimierung der Sammlung, Sortierung und Weitergabe von Kleidung an. Dies hilft gemeinnützigen Organisationen dabei, besser und verantwortungsvoll mit gespendeter Kleidung umzugehen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Sicherstellung einer verlässlichen Weitergabe von Überschüssen, die vor Ort nicht benötigt oder verkauft werden können, da ansonsten erheblicher personeller und finanzieller Aufwand für die Entsorgung drohen. FairWertung vermittelt Kontakte zu verantwortungsvollen und geprüften Weiterverwertern und trägt so dazu bei, dass überschüssige Kleidung nachhaltig genutzt wird. Auch während der aktuellen Marktkrise ist es dem Netzwerk gelungen, allen Partnern eine Abgabemöglichkeit zu erhalten.
Darüber hinaus vertritt der Verein die Interessen gemeinnütziger Organisationen, die Kleiderspenden sammeln, und verleiht in eine Stimme gegenüber der Öffentlichkeit, Behörden und der Politik. Dies ist vor dem Hintergrund der Marktkrise und der anstehenden neuen gesetzlichen Regelungen ein zentraler Arbeitsbereich der Geschäftsstelle.
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Ausblick
Gemeinnützige Kleiderläden sind ein essenzieller Bestandteil sozialer und nachhaltiger Strukturen in unserer Gesellschaft. Sie bieten Bedürftigen Zugang zu Kleidung, schaffen Arbeitsplätze, stärken den gesellschaftlichen Zusammenhalt und tragen zur Reduzierung von Textilmüll bei. Angesichts der Herausforderungen stehen die Organisationen vor einigen Herausforderungen. Die Mitglieder des Netzwerkes FairWertung teilen die Überzeugung, dass man gemeinsam diesen Herausforderungen besser entgegentreten kann. Denn die Kleiderspende macht einen gesellschaftlichen Unterschied!
46 Jahre, ist seit über 15 Jahren im Bereich Kleiderspende und -verwertung aktiv. Seit fünf Jahren ist er Geschäftsführer des Dachverbandes FairWertung e.V.