Einsamkeit ist ein wachsendes gesellschaftliches Problem, das nicht nur das persönliche Wohlbefinden, sondern auch die Gesundheit beeinflusst. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung hat anhand aktueller Daten des sozio-oekonomischen Panels (SOEP) untersucht, wie verbreitet Einsamkeit in Deutschland ist, welche Gruppen besonders gefährdet sind und ob es regionale Unterschiede gibt. Die Studie zeigt: Besonders Menschen mit niedrigem Einkommen sind betroffen, und es gibt deutliche Risikoprofile für Einsamkeit.
Einsamkeit in Deutschland
Was ist Einsamkeit?
Einsamkeit ist ein subjektives Gefühl, das entsteht, wenn Menschen sich mehr oder engere soziale Beziehungen wünschen, als sie tatsächlich erleben. Die Gründe dafür sind vielfältig: ein fehlender Partner oder enge Freundschaften, geringe soziale Einbindung oder veränderte Lebensumstände. Einsamkeit hat weitreichende Folgen, sowohl für die psychische als auch für die physische Gesundheit. Deshalb hat die Bundesregierung 2023 eine nationale Strategie zur Bekämpfung von Einsamkeit verabschiedet.
Die Datengrundlage
Die Studie zur Einsamkeit in Deutschland basiert auf Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) aus dem Jahr 2021. In der Untersuchung wurden drei Facetten der Einsamkeit erfasst:
- Alleinsein (das Gefühl, dass Gesellschaft fehlt)
- Soziale Isolation (das Gefühl, von anderen Menschen abgeschottet zu sein)
- Ausgeschlossenheit (das Gefühl, nicht dazuzugehören)
Auf Basis dieser Angaben wurde ein Einsamkeitsindex berechnet, der das allgemeine Einsamkeitsempfinden beschreibt. Die Daten ermöglichen eine detaillierte Analyse nach Regionen und Risikogruppen.
Ergebnisse der Studie
Die Untersuchung aus dem Jahr 2021 ergab, dass sich 19 % der Menschen in Deutschland mindestens manchmal einsam fühlen. Besonders ausgeprägt war das Gefühl des Alleinseins (56 %), während soziale Isolation (20 %) und Ausgeschlossenheit (28 %) seltener genannt wurden.
Regionale Unterschiede:
- Einsamkeit kommt in allen Regionen Deutschlands ähnlich häufig vor.
- Noch 2013 waren Menschen in Ostdeutschland durchschnittlich einsamer als im Westen – inzwischen haben sich die Werte weitgehend angeglichen.
- Besonders stark ist das Gefühl des Alleinseins in Rheinland-Pfalz, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Teilen Bayerns ausgeprägt, während es in Ostdeutschland weniger häufig vorkommt.
Risikofaktoren für Einsamkeit
Bestimmte Gruppen sind besonders gefährdet, einsam zu sein:
- Jüngere Menschen (unter 35 Jahren)
- Frauen
- Menschen mit niedrigem Einkommen
- Menschen mit Migrationshintergrund
- Personen, die allein leben
Kombinationen dieser Faktoren erhöhen das Risiko zusätzlich. In der Studie wird mit Risikoprofilen gerechnet, also Kombinationen mehrerer Risikofaktoren. Dabei zeigte sich, dass besonders gefährdete Gruppen oft drei oder mehr der fünf Risikofaktoren aufwiesen.
Besonders betroffen sind Männer mit niedrigem Einkommen und Migrationshintergrund – sie fühlen sich drei- bis viermal häufiger einsam als die Referenzgruppe (über 35 Jahre, männlich, höheres Einkommen, ohne Migrationshintergrund, in einem Mehrpersonenhaushalt). Das niedrige Einkommen spielt hierbei eine zentrale Rolle: Beinahe alle Risikoprofile mit erhöhtem Einsamkeitsanteil hatten ein niedrigeres Einkommen als gemeinsamen Faktor
Einsamkeit betrifft viele Menschen, besonders jene mit niedrigem Einkommen, die sich häufiger einsam fühlen. Es ist wichtig, die gesundheitlichen Risiken von Einsamkeit stärker ins Bewusstsein zu rücken und gezielte Maßnahmen für Risikogruppen zu entwickeln, insbesondere für Menschen mit niedrigem Einkommen. Sozialpolitische Entscheidungen, wie beim Bürgergeld oder der Grundsicherung, sollten Einsamkeit berücksichtigen. Zudem sind mehr soziale Angebote und ein leichterer Zugang zu Freizeitmöglichkeiten notwendig. Einsamkeit kann jede*n treffen – daher braucht es eine umfassende Strategie, die das Thema enttabuisiert und betroffenen Menschen hilft.
Weitere Informationen
Die ganze Studie ‚Einsamkeit in Deutschland: die gefährdetste Gruppe sind Menschen mit niedrigem Einkommen‚ des Instituts für Wirtschaftsforschung.