Die Bekämpfung von Einkommensungleichheit und Armut in Deutschland hat in den letzten Jahren an Kraft verloren. Laut einer Analyse der Hans-Böckler-Stiftung funktioniert der Sozialstaat – allerdings nicht mehr so gut wie früher. Während viele Menschen eine stärkere Rolle des Staates fordern, scheint die Politik eher in die entgegengesetzte Richtung zu steuern. Forscher:innen betiteln das Ganze als „ein verlorenes Jahrzehnt“ im Kampf gegen soziale Ungleichheiten.
Sozialer Ausgleich verliert an Wirkung
12.02.2025 | Allgemein, News, Sozialer Arbeitsmarkt
Wachsende Sorgen
Eine repräsentative Befragung von 7.000 Erwerbspersonen im Dezember 2024 zeigt: Der Wunsch nach stärkerer staatlicher Umverteilung ist groß. Knapp 50 % der Befragten sind der Meinung, dass Menschen mit geringem Einkommen besser unterstützt werden sollten, während nur 20 % dem widersprechen. 60 % finden, dass der Staat zu wenig gegen Ungleichheit unternimmt. Der Wunsch nach mehr Unterstützung ist besonders bei Menschen mit niedrigem Einkommen ausgeprägt und nimmt mit steigendem Einkommen ab. Trotz wachsender Zukunftssorgen und Ängsten vor sozialem Abstieg spielen Forderungen nach Sozialabbau eine zentrale Rolle im aktuellen Bundestagswahlkampf.
Faktische Entwicklung der Umverteilung
Dass der soziale Ausgleich nachlässt, zeigen auch Langzeitdaten des Sozioökonomischen Panels. 2010 lag die Armutsquote vor Steuern und Transfers bei 35 %, durch staatliche Umverteilung sank sie auf 14 %. Damit wurde Armut um 59 % reduziert. 2021 lag die Quote vor Umverteilung mit 34 % ähnlich hoch, nach Steuern und Transfers jedoch bei knapp 18 %. Die Umverteilungswirkung hat sich also verschlechtert: Statt 59 % wurde Armut nur noch um 48 % gesenkt.
Auch der Gini-Koeffizient, ein Maß für Einkommensungleichheit, zeigt eine sinkende Wirksamkeit staatlicher Umverteilung. Besonders betroffen sind Menschen mit geringen Rentenansprüchen, da das Rentenniveau gesunken ist und eine Mindestsicherung im Alter fehlt. Gleichzeitig reichten die Regelsätze von ALG II bis 2021 nicht aus, um der Lohnentwicklung gerecht zu werden.
Weitere Informationen
Der ganze Report der Hans-Böckler-Stiftung.